Marktlebenszyklus beschreibt den idealtypische Verlauf eines Marktes unterteilt in verschiedene Phasen. Jede Phase bietet Möglichkeiten zum Markteintritt und ist durch unterschiedliche Merkmale gekennzeichnet. Oft wird der Marktlebenszyklus mit dem Produkt- oder Technologielebenszyklus verwechselt. Worin liegen die Unterschiede zwischen den drei Modellen? Inwieweit hat der Lebenszyklus Einfluss auf die Markteintrittsstrategien und auf das Portfoliomanagement?
.
Marktlebenszyklus Modell
Die Phase des Marktlebenszyklus werden in Entstehungsphase, Wachstumsphase, Reifephase und Alter unterteilt. Jede Phase bietet Möglichkeiten zum Markteintritt und ist durch unterschiedliche Veränderungen am Markt gekennzeichnet.
Der Erfolg einer Markteinführung hängt maßgeblich von der Position des Marktlebenszyklus zum Zeitpunkt der Markteinführung bzw. Markteintritt ab. Wird der Eintrittstermin eines neuen Produktes oder Unternehmens in eine andere Phase des Marktlebenszyklus verschoben, kann dies wesentlichen Einfluss auf den Profit und Unternehmenserfolg haben. Mitunter ist das Unternehmen gar nicht mehr in der Lage die gewünschte Strategie umzusetzen oder es bedarf eines deutlich höheren finanziellen Aufwands als erwartet.
.
Marktlebenszyklus Entstehungsphase
In der Entstehungsphase befinden sich in der Regel wenige Anbieter mit geringen Sortimenten am Markt. Die erzielbaren Umsätze sind gering und der notwendige Kapitalbedarf, insbesondere für Marketing, ist hoch. 1 Demzufolge können Gewinne/ Deckungsbeiträge oft nicht oder nur in geringem Maße erwirtschaftet und Marktanteile selten klar abgeschätzt werden, ebenso wenig das Marktpotential. Die Markteintrittsmöglichkeiten zu diesem Zeitpunkt sind meist gut, da die Anzahl an Wettbewerbern gering ist. Der Einstieg in dieser Phase kann auch auf Grund des Erfahrungskurven- und Skaleneffekts lohnenswert sein. 2
.
Einer Schätzung der Boston Consulting Group zu Folge ist bei einer Verdopplung der im Zeitablauf kumulierten Produktionsmenge eine Stückkostendegression um ca. 20- 30 % möglich.3 Üblicherweise investieren Unternehmen mit Einstiegspreisen unter den kurzfristigen Grenzkosten in Marktanteile und spekulieren auf ein Erreichen des Break-even in späteren Perioden. 4
.
Marktlebensyzklus Wachstumsphase
In der Wachstumsphase nimmt die Anzahl an Wettbewerbern zu, ebenso wird das Marktpotential besser abschätzbar. Üblicherweise steigen die Umsätze und Verluste werden geringer. Diese Phase ist als Markteintrittsphase ebenfalls gut geeignet. Bei wachsendem Markt können Marktanteile ohne Preiskämpfe erlangt werden. Je nach Zeitpunkt des Eintritts unterscheidet man zwischen Früher- Folger-Strategie und Später-Folger-Strategie; in beiden Fällen dominiert die Orientierung am Wettbewerb wobei die Später-Folger-Strategie durch stärkere Preiskämpfe gekennzeichnet ist. 5 Bereits am Markt agierende Unternehmen sollten auf Erhöhung des Bekanntheitsgrades und Kundenzufriedenheit (Marketing, Service) fokussieren.
.
Marktlebenszyklus Reifephase
Die Reifephase ist durch ein besser abschätzbares Marktvolumen gekennzeichnet. Bei einem Markteintritt in dieser Phase müssen Unternehmen höhere finanzielle Aufwendungen in Kauf nehmen um den Vorsprung des Wettbewerbs aufzuholen. Erhöhter Marketingaufwand ist auch für bestehende Unternehmen ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor, sinkt aber im Vergleich zur Wachstumsphase. Da der Markt wenig oder gar nicht mehr wächst, ist die Erlangung von Marktanteilen häufig nur durch Preiskämpfe zu realisieren. Hier haben etablierte Mitbewerber ebenfalls Vorteile im Hinblick auf Erfahrungskurven- und Skaleneffekte. Deren Fokus kann auf Kostenreduktion (Produktkosten, Bereinigung des Produktprogramms etc.) statt auf Marktanteilsgewinnen liegen. Nicht selten werden Produktkostenoptimierungen und Veränderungen am Produktprogramm aber nur ungenügend umgesetzt, als Folge daraus steigt der Druck auf den Vertrieb bzw. das Gesamtunternehmen.
.
Marktlebenszyklus Sättigungsphase / Phase des Alters
In der Phase des Alters nimmt die Anzahl an Wettbewerbern bereits deutlich ab. Die Sortimente werden weiter bereinigt. Die Markteintrittschancen sind in der Regel schlecht, da der Markt insgesamt schrumpft und Wettbewerber häufig auf Preisnachlässe setzen. In der Regel werden ausschließlich gewinnbringende Sortimente beibehalten. Ein Markteintritt in dieser Phase des Marktlebenszyklus kann nur schwer Erfolg haben.
Um den Grad der Sättigung eines Marktes zu ermitteln, wird das Marktpotential mit dem Marktvolumen ins Verhältnis gesetzt. Befinden sich beide auf dem gleichen Level, spricht man von einem gesättigten Markt.
.
Marktlebenszyklus – Produktlebenszyklus -Technologielebenszyklus
Oft werden Marktlebenszyklus, Produktlebenszyklus und Technologielebenszyklus miteinander verwechselt. Dabei handelt es sich um völlig verschiedene Modelle, die allerdings eng miteinander verknüpft sind.
.
Marktlebenszyklus vs Produktlebenszyklus
Der Marktlebenszyklus kann als Summe aller Produktlebenszyklen innerhalb des jeweiligen Marktes bzw. Segments verstanden werden. Gut lässt sich das am Automobilmarkt erläutern. Je nach Segment (Kleinwagen/ Mittelklasse/ Limusine) bieten konkurrierdende Automobilkonzerne Produkte mit zum Teil unerschiedlichen Produktlebenszyklen an (VW Golf, Opel Astra usw.). Abgelöst werden diese Produkte dann von Nachfolgern, die entweder nur einem Facelift der vorherigen Variante entsprechen oder auf einer komplett neuen Technologie beruhen. Der Produktlebebenszyklus muss nicht zwangsweise enden. Ein gutes Beispiel dafür ist Coca Cola. Mehr zu diesem spannenden Thema findet sich in einem separaten Artikel.
.
Technologielebenszyklus vs. Marktlebenszylus
Die S-Kurve des Technologielebenszyklus gestaltet sich ähnlich wie die des Marktlebenszklus. Man unterscheidet hier zwischen Schrittmacher- Schlüssel- und Basistechnologie. Schrittmachertechnologien sind durch schwache Leistungsstärke und hohe finanzielle Aufwendungen gekennzeichnet. Schrittmachertechnologien sind Technologien in der Frühphase der Entwicklung mit Potential zum Erfolg. Schlüsseltechnologien sind Einstiegsvoraussetzung für Unternehmen in der Wachstumsphase und ermöglichen Differenzierung bzw. technologische Abgrenzung vom Wettbewerb (Schlüssel zum Erfolg). In späteren Phasen des Technologielebenzyzyklus gehen Schlüsseltechnologien in Basistechnologien über. Basistechnologien bieten wenig Wettbewerbsvorteile und sind sozusagen „selbstverständlich“ für Unternehmen im Markt. Häuig werden Technologie- und Marktlebenszyklus im Rahmen einer Marktanalyse miteinander verflochten bzw. glech gesetzt.
Mehrere Technologien können einen Markt prägen. Zudem ist der Lebenszyklus eines Marktes nicht unbedingt deckungsgleich mit dem der vorherrschenden Technologie. Mit Übergang zur Basistechnologie steigt allerdings die Wahrscheinlichkeit des zunehmenden Wettbewerbsdrucks, schliesslich ist die Technologie nun leichter verfügbar.
Umgekehrt kann die Erkenntnis einer neuen Schrittmachertechnologie weniger gut etablierten Unternehmen Vorteile ermöglichen. Jüngstes Beispiel ist das Thema Elektromobilität. Volkswagen besitzt zwar große Anteile am reifen Automobilmarkt, hat den Trend zur Elektromobilität aber teilweise verschlafen und muss nun erhöhten Aufwand zur Entwicklung der neuen Schlüsseltechnologie aufbringen. Obwohl sich eine Marktanalyse an Markt bzw. externe Faktoren richtet, sollte der Produktlebensyzklus bestehender Produkte in die Analyse mit einbezogen werden.
.
Marktlebenszyklus, Wettbewerbsposition & Portfoliostrategien
Obigen Ausführungen zur Folge sind günstige Markteintrittszeitpunkte, je nach Strategie und Finanzkraft des betreffenden Unternehmens, eher die Einführungs- und Wachstumsphase des Marktlebenszyklus. Je nach Wettbewerbsposition werden unterschiedliche Portfoliostrategien zur Anwendung gebracht. Im Idealfall können Unternehmen ein Portfolio unterschiedlicher Produkte in diversen Märkten aufweisen. Positionen in älteren Märkten werden gehalten, Margen abgeschöpft und in neue Märkte investiert.
Allerdings handelt es sich hierbei um einen idealtypischen Verlauf. Auch in älteren Märkten sind Einstiegsmöglichkeiten gegeben, jedoch häufig mit deutlich höherem finanziellen Aufwand oder mit der Ausbildung von Nischenmärkten verbunden.
.
Fazit: Modelle sind hilfreich, entsprechen aber nicht immer der Wirklichkeit
Bei der Ausarbeitung der Unternehmens- und Portfoliostrategie, sind die Modelle des Markt- Produkt- und Technologielebenszyklus sehr hilfreich. Allerdings bestätigen Ausnahmen wie immer die Regel. Dass sich der Einstieg in einen fortgeschrittenen Markt dennoch lohnen kann, zeigt sich am Beispiel radikaler bzw. disruptive Strategien. Hierfür können ältere Märkte ein reizvolles Angriffspotential bieten. Als Beispiel können die Geschäftsmodelle digitaler Unternehmen wie Uber oder AirBnB genannt werden. Obwohl es sich um alte Märkte mit klaren Wettbewerbsstrukturen handelte (Taxi- und Hotelbranche) konnten die genannten Unternehmen innerhalb kurzer Zeit Marktführerschaft erlangen. Ein anderes Beispiele betrifft den Markt für Röhrenbildschirme bzw. dessen Wandel hin zum Markt für Flachbildschirm Technologien (LCD, Plasma etc.). Auch hier konnten neue (disruptive) Technologien in einem alten Markt Erfolg haben und angestammte Unternehmen von ihren Positionen als Marktführer stoßen. Ein anschauliches Beispiel für die Veränderungen eines Marktes zeigt sich anhand des TV-Marktes. Digitalisierung uns verändertes Kundenverhalten haben diese Branche in den vergangenen Jahren vollständig verändert. Mehr dazu unter folgendem Link:
Entwicklung des TV-Marktes in den vergangenen 15 Jahren.
.
Weiterführende Artikel:
Marktanalyse – Basis strategischer Entscheidungen
Unternehmensstrategie: Beispiele und Vorlagen
Produktlebenszyklus – was Unternehmen vom Beispiel Coca Cola lernen können
SWOT-Analyse zur Grundlagenermittlung für Strategien
.
- Meffert (2008) S.49. Marketing Wiesbaden. Gabler Verlag
- Macharzina (2010) S.354. Unternehmensführung Wiesbaden. Gabler Verlag
- Olbrich (2006) S.74. Marketing. Springer-Verlag. Berlin.
- Olbrich (2007) S.73. Preispolitik Springer-Verlag. Heidelberg.
- Schäppi (2005) S.209. Handbuch Produktentwicklung. München: Carl Hanser Verlag
Schreibe einen Kommentar